Forschung
Das 5. Freiberger Feuerfest-Symposium erhielt regen Zulauf - Foto: Rath AG
24.05.2024

Studie zu Wasserstoff und Feuerfestmaterial präsentiert

Beim bereits 5. Freiberger Feuerfest-Symposium (22.-24. April 2024) standen neueste Erkenntnisse sowie praktische Erfahrungen rund um die Neu- und Weiterentwicklung feuerfester Werkstoffe sowie Chancen als auch Herausforderungen, die die Energiewende für die Feuerfest-Industrie mit sich bringt, im Fokus. Ein besonderer Themen-Schwerpunkt lag dabei auf der Problematik Wasserstoff-Korrosion an Feuerfestmaterialien:

So präsentierte der Feuerfesthersteller Rath bei einem Vortrag richtungsweisende Ergebnisse einer Studie zu Auswirkungen auf Feuerfestmaterial im Zuge des Einsatzes von Wasserstoff in der Stahlproduktion. Mit einem Vortrag zum Status quo bei der Entwicklung Oxidkeramischer Endlosfasern lieferte Rath interessante Einblicke zu einem weiteren zukunftsweisenden Thema.

Rund 160 Expert:innen aus dem Industrieofen- und Anlagenbau sowie der Anwendungstechnik, Montagefirmen, Vertreter:innen aus Forschung und Entwicklung sowie Feuerfest-Hersteller fanden sich beim 5. Freiberger Feuerfest-Symposium – organisiert in Kooperation von Deutsche Keramische Gesellschaft (DKG), Deutsche Gesellschaft Feuerfest- und Schornsteinbau (DGFS) und Rath AG – ein, mehr als 20 Fachvorträge standen auf dem Programm.

Auswirkungen auf Feuerfestmaterial beim Einsatz von Wasserstoff in der Stahlproduktion

In der Feuerfest-Branche haben ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und damit verbunden die Bemühungen den CO2-Fussabdruck zu verringen, stark an Relevanz gewonnen – was sich auch in den Vortrags-Themen des Symposiums widerspiegelte. Ein Thema, das dabei u. a. intensiv diskutiert wurde:

„Grüner Stahl“ – denn die weltweite Stahlproduktion trägt einen beträchtlichen Anteil zu Erderwärmung und Klimawandel bei. Aber es gibt erfolgversprechende Ansätze für eine Dekarbonisierung in der Stahlindustrie und damit eine nachhaltigere Stahl-Produktion: Dabei spielen künftig Wasserstoffbetriebene Direktreduktionsanlagen eine bedeutende Rolle.

Jürgen Puhl, Head of Group Research & Development bei Rath, erklärt:
„Welche Auswirkungen der Einsatz von Wasserstoff auf die in diesen Anlagen eingesetzten Feuerfestmaterialien hat und welche diesen veränderten Beanspruchungen besonders gut standhalten, haben wir jüngst im Rahmen einer breit angelegten, vergleichenden Korrosions-Studie untersucht – und richtungsweisende Erkenntnisse gewonnen.“

Dabei standen Fragen wie folgende im Vordergrund: Wie wirken sich diese neuen Betriebsbedingungen im Korrosionsverhalten und in der Korrosionsdynamik aus? Wie stark ist der Temperatureinfluss? Und wie müssen Feuerfestmaterialien beschaffen sein, um die individuellen Anforderungen eines Kunden erfüllen zu können und so eine optimale und zugleich kosteneffiziente Performance von Direktreduktionsanlagen zu ermöglichen?

Untersuchungen von alumo-silikatischen und alumina-reichen Feuerfestmaterialien

Im Rahmen dieser Studie wurde das umfangreiche nichtbasische Produktportfolio mit einer Zusammensetzung von 40-99 % Al2O3 in H2-Atmosphäre ausgelagert. Dazu wurden Proben von Feuerleichtsteinen, dichten Steinen, monolithischen Produkten, Matten aus Hochtemperaturwollen sowie Vakuumformteilen evaluiert. Durchgeführt wurden die Auslagerungstests am Deutschen Institut für Feuerfest und Keramik (DIFK).

Die Temperaturbeaufschlagung lag bei 1250 °C sowie 1400 °C unter einer 100 % H2-Atmosphäre mit einer Expositionsdauer von 200 Stunden. Zusätzlich wurde speziell für die Anwendung in Direktreduktionsanlagen eine Auslagerung bei 1100 °C unter typischer Mischgasatmosphäre durchgeführt.

Die Bewertung der Korrosion erfolgte über die Ermittlung des Masseverlustes, um Aussagen über Temperaturabhängigkeit und Korrosionsgeschwindigkeit treffen zu können. Neben der Bestimmung der physikalischen Eigenschaften wurden weitere chemische Analysen und röntgendiffraktometrische Messungen vor und nach der Exposition durchgeführt, um weitere Informationen zu Phasenstabilität und Mineralneubildungen zur Verfügung zu haben.

Wichtige Erkenntnisse aus der Studie:

  • Materialien mit hohem Korundanteil zeigen in allen Produkten sehr guten Korrosionswiderstand
  • Unter bestimmten Voraussetzungen (ausgewählter Rohstoffeinsatz und Produktionsparameter) erweist sich Mullit als ebenfalls geeignetes Material bei wasserstoffhaltiger Atmosphäre.
  • Glasphasen und SiO2-Phasen werden bei hohen Wasserstoffgehalten deutlich reduziert.
  • Fremdoxide und Verunreinigen im Gesamtsystem spielen eine wesentliche Rolle hinsichtlich Stabilität unter Wasserstoffatmosphäre.
  • Die Porosität von feuerfesten Werkstoffen hat nur untergeordnet Einfluss auf die Korrosion.
  • Im Temperaturbereich von 1250 °C -1400 °C wurde ein deutlicher Anstieg der Korrosionsrate verzeichnet.
  • Phosphatgebundene, gebrannte Steine weisen gegenüber phosphatfreien Produkten nur eine geringfügig höhere Korrosionsresistenz auf.

Zusammenfassend lässt sich damit sagen: Die Rath-Studienergebnisse haben für die künftige Materialauswahl in der jeweiligen Applikation große Relevanz. Speziell für die Transformation zu Direktreduktionsanlagen mit zusätzlicher Wasserstoffbeimengung und das Ziel, Stahl künftig komplett klimaneutral zu produzieren, hat die gezielte Weiterentwicklung von feuerfesten Werkstoffen und Systemen eine wesentliche Bedeutung.

Innovative Oxidkeramische Endlosfasern für die Industrie

„Oxidkeramische Endlosfasern – made in EU“ lautete ein weiteres zukunftsweisendes Rath-Vortragsthema: Basierend auf 35 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung von Hochtemperatur-Keramikfasern sucht Rath immer wieder nach innovativen Wegen, um neue Produktlösungen für die Industrie anzubieten.

Oxidkeramische Endlosfasern erfahren eine breite Anwendung, vor allem als Verstärkungsfasern in unterschiedlichen Matrizes (CMC, MMC). Durch ihre hohe Zugfestigkeit und Steifigkeit sowie die exzellente chemische und thermische Beständigkeit können Endlosfasern z. B. keramischen Matrizes ein quasi-duktiles, schadenstolerantes Bruchverhalten ermöglichen.

Forschung an Endlosfasern

Christopher Kluthe, Senior R&D Manager bei Rath, sagt:
„Diese Endlosfasern sind ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von oxidkeramischen Matrixverbundwerkstoffen. Der Herstellungsprozess solcher Fasern ist allerdings sehr komplex, weltweit gibt es nur sehr wenige Anbieter, was den Aufbau von sicheren Lieferketten zusätzlich erschwert.“

Im Rahmen des HORIZON EUROPE-Projektes InVECOF (Innovative Value Chains for European Ceramic Oxide Fibres) entwickelt Rath seit einigen Jahren solche Endlosfasern.

Christopher Kluthe, der im Rahmen seines Vortrags auch über den aktuellen Entwicklungsstand bei Rath informierte, erläutert:
„Diese über den Sol-Gel-Prozess im Trockenspinnverfahren hergestellten Fasern haben nach ihrer thermischen Behandlung eine Mullit- oder Korund-Mikrostruktur.“

So wurde die Mullit-Faser M75 (mit Zugfestigkeit bis zu 1.500 MPa und E-Modul über 200 GPa) sowie die Korund-Faser K99 (mit Zugfestigkeit bis zu 3.000 MPa und E-Modul über 350 GPa) entwickelt. Weiters wurden mit Fachunternehmen Produktions-Verfahren für alle relevanten Fertigungsschritte entwickelt.

Ziel: Erster europäischer Lieferant für oxidkeramische Fasern werden

Als gegenwärtig vorrangige Herausforderung bei der Faserentwicklung hob Christopher Kluthe die Übertragung der exzellenten Ergebnisse aus dem Technikums- in den Produktionsmaßstab hervor und warf auch gleich einen Blick in die nahe bzw. ferne Zukunft: So ist bis Sommer 2024 der Aufbau einer Faser-Produktionsanlage geplant.

Christopher Kluthe, erklärt:
„Im Vordergrund steht nun die Produktion von größeren Mengen der Fasern K99 und M75 für die Herstellung von Geweben und Kompositen sowie die Entwicklung weiterer Qualitäten, insbesondere mit höherer Kriechbeständigkeit. Langfristiges Ziel ist, erster europäischer Lieferant für oxidkeramische Fasern zu werden und in einem ersten Schritt bis zu 10 Tonnen jährlich zu produzieren.“

(Quelle: Rath AG)

Schlagworte

AnlagenAnlagenbauBundDekarbonisierungDirektreduktionEnergieEnergiewendeEntwicklungErgebnisEUForschungGesellschaftIndustrieINGKlimaKooperationLieferkettenMessungMontageProduktionRohstoffeSchadeSSABStahlStahlindustrieStahlproduktionStudieTechnikTemperaturTransformationUnternehmenUSAWasserstoffWerkstoffWerkstoffe

Verwandte Artikel

Ausbildungsstart bei thyssenkrupp Steel: 343 Nachwuchskräfte nehmen heute in 21 verschiedenen technischen und kaufmännischen Berufen bei thyssenkrupp Steel an den Standorten Duisburg, Bochum, Dortmund, Finnentrop und Kreuztal im Siegerland ihre Ausbildung auf.
06.09.2024

Knapp 350 Jugendliche starten bei thyssenkrupp Steel ihre Ausbildung

Die Ausbildung bei thyssenkrupp Steel ist auch in diesem Jahr stark gefragt: Von insgesamt 6.863 Bewerberinnen und Bewerbern haben 343 einen Ausbildungsvertrag erhalten.

Anlagen Ausbildung Bochum Bund Direktreduktion Duisburg EU HKM Hochofen IHK Industrie ING Klima Nachwuchs Produktion Schmelze Stahl Stahlherstellung Stahlproduktion Technik Thyssen thyssenkrupp Thyssenkrupp Steel Europe Thyssenkrupp Steel Europe AG Transformation Transport Umwelt Unternehmen USA Wasserstoff Webseite Weiterbildung
Mehr erfahren
Gesteinskörnungen aus Eisenhüttenschlacke
05.09.2024

Kreislaufwirtschaft und Sekundärrohstoffe stärken

Das FEhS – Institut für Baustoff-Forschung hält die geplanten Maßnahmen in den Politischen Leitlinien der EU-Kommission 2024-2029 für richtungsweisend.

ABB Baustoffe EU EU-Kommission Forschung IBU Industrie ING Rohstoffe Schlacke Sekundärrohstoffe Stahl Stahlindustrie Umwelt Umweltschutz Wirtschaft
Mehr erfahren
Primetals Technologies wird die Mehrformatgießanlage von Tyasa aufrüsten, um die Produktion von Spezialstahlgüten (SBQ) für die Automobilindustrie zu ermöglichen.
04.09.2024

Mexikanischer Stahlhersteller rüstet Stranggießanlage auf

Der mexikanische Stahlhersteller Talleres y Aceros S.A. de C.V. (TYASA) reagiert damit auf die steigende Nachfrage nach hochfesten Stählen in der Automobilindustrie. Die...

Anlagen Automatisierung Automobil Beschichtungsanlage Elektrolichtbogenofen EU IBU Industrie Kaltwalzwerk Lichtbogenofen Messung Modernisierung Partnerschaft Primetals Produktion Stahl Stranggießanlage Strangguss Unternehmen Verkauf Walzwerk
Mehr erfahren
Der EAF bei Georgsmarienhütte
03.09.2024

VDEh positioniert sich zur Netzanschlussregel VDE-AR-N 4130

Die Stahlindustrie hat unter Federführung des Stahlinstituts VDEh ein Positionspapier zur Netzanschlussregel VDE-AR-N 4130 verfasst. Für die Industrie stellt die technisc...

CO2 CO2-neutral Elektrostahlwerk Essen EU Grüne Transformation Inbetriebnahme Industrie ING Messe Neubau Produktion Regelwerk Rohstahlproduktion Stahl Stahlindustrie Stahlproduktion Stahlunternehmen Stahlwerk Technik Transformation Umwelt Unternehmen Wettbewerb
Mehr erfahren
Eirich feiert 50-jähriges Jubiläum in Japan
03.09.2024

Eirich feiert Meilensteine in Indien, China und Japan

Die Eirich Gruppe hat dieses Jahr drei Jubiläen gefeiert: 50 Jahre Eirich in Japan, 30 Jahre China und 25 Jahre in Indien. Geschäftsführer Stephan Eirich würdigte anlässl...

Anlagen Australien Brasilien China Deutschland EU Frankreich Gesellschaft Indien Industrie ING Innovation Investition Italien Japan Kooperation Lieferketten Nordamerika Produktion Service Strategie Technik Unternehmen USA Verkauf Wettbewerb Zusammenarbeit
Mehr erfahren