Technik
Die EBuild® 850 von ALD steht in Hanau, Deutschland. - Photo: ALD Vacuum Technologies GmbH
11.05.2023

Pulverbettschmelzsystem erhöht Bauvolumen

Die Additive Fertigung (AM) wie z.B. das selektive Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett (E-PBF) ist für ihre höhere Flexibilität und Gestaltungsfreiheit sowie für einen effizienteren Werkstoffeinsatz im Vergleich zu konventionellen Fertigungsmethoden bekannt. Die Technologie ist im industriellen Maßstab jedoch noch nicht wirtschaftlich rentabel, um auf breiter Basis in der Produktion eingesetzt zu werden. Die mögliche Bauteilgröße ist begrenzt und die Qualität des Endprodukts hängt stark von der Qualität des verwendeten Pulvers ab.

Um das Verfahren für die Metallverarbeitung auf industrielles Niveau zu heben, d.h. große Bauteile mit hoher Produktivität zu fertigen, setzt ALD Vacuum Technologies auf drei bewährte Technologien: einen Hochtemperatur Vakuumprozess, eine effiziente Elektronenstrahltechnologie und ein robustes System zum Pulverauftrag. Das Unternehmen hat es geschafft, das weltweit größte E-PBF-System zu entwickeln und zu bauen.

Dadurch ist es möglich, Bauteile herzustellen, die signifikant größer sind als es bisher etablierte PBF-Konzepte zulassen. So lassen sich jetzt zum Beispiel große Turbinenbauteile oder Implantate durch selektives Schmelzen von Metallpulverschichten aus Titanlegierungen wie Ti64 oder Titanaluminiden, nickelbasierten Superlegierungen, Kupfer oder refraktären Metallen herstellen.

Additive Fertigung liegt im Trend

Additive Fertigungsprozesse, wie das selektive Schmelzen im Pulverbettverfahren, werden aufgrund ihres geringen Materialverbrauchs und ihrer Flexibilität in der Metallverarbeitung immer beliebter.

Dr. Fuad Osmanlic, Vice President Additive Manufacturing bei ALD, erklärt:
"Anstatt Material durch konventionelle Verfahren wie Fräsen abzutragen, werden die gewünschten Bauteile schichtweise durch selektives Schmelzen von Metallpulver mit einer starken Wärmequelle wie einem Laser- oder Elektronenstrahl hergestellt", erklärt  "Dies ermöglicht im Allgemeinen einen effizienteren Einsatz der Ressourcen und führt zu weniger Materialverschwendung und geringerem Energieverbrauch."

Allerdings sind diesen Verfahren für die industrielle Fertigung noch Grenzen gesetzt, insbesondere hinsichtlich der Bauteilgröße, was die Bandbreite der möglichen Teile einschränkt. Außerdem hängt die Produktionsqualität vom verwendeten Pulver ab. Eine schlechte Pulverqualität kann beispielsweise zu unzulässigen mechanischen Eigenschaften des Bauteils führen, was die Produktionsrate reduziert. Je nach Konzeption kann der AM-Prozess aber auch sehr energie- und zeitintensiv sein, was konventionelle Fertigungsverfahren in bestimmten Situationen wirtschaftlicher macht.

Serienfertigung mit Flexibilität

Um diese Nachteile zu beseitigen, hat ALD seine langjährige Expertise im Anlagenbau genutzt, um verschiedene bewährte Technologien in ein neues Anlagenkonzept für Additive Fertigung zu überführen. Das Konzept wurde dabei auf Serienfertigung mit hoher Flexibilität, tiefgreifende Prozesskontrolle und optimales Ressourcenmanagement ausgerichtet. Ergebnis war die sogenannte EBuild®, ein völlig neues Anlagenkonzept für das selektive Elektronenstrahlschmelzen im Pulverbett. Es ist das erste System auf dem Markt, das sowohl für die Herstellung großer Bauteile als auch für die wirtschaftliche Massenproduktion kleinerer Bauteile geeignet ist.

Es zeichnet sich unter anderem durch ein spezielles Pulverzufuhrsystem, eine hocheffiziente Elektronenstrahltechnologie und die Verwendung besonders hitzebeständiger Materialien aus. Dies ermöglicht eine Effizienzsteigerung bei Endprodukten wie Turbinen und reduziert gleichzeitig den Materialverbrauch im Vergleich zu konventionellen Fertigungsverfahren deutlich. Darüber hinaus ist das System vollständig vakuumdicht, was die additive Fertigung von Metallteilen im Vakuum oder unter Schutzgasatmosphäre ermöglicht. Die Synergie zwischen den einzelnen Systemkomponenten in Kombination mit einem intelligenten Steuerungssystem führt zu Kosteneinsparungen und einem geringeren Energieverbrauch in der Produktion und im Produktlebenszyklus.

In seiner Grundkonfiguration ist das EBuild® 850 System für die Herstellung von Metallbauteilen bis zu einer Größe von 850 x 850 x 1.000 mm³ aus Metallpulver durch schichtweises selektives Elektronenstrahlschmelzen mit anschließender Erstarrung ausgelegt. Die Hauptkomponenten des Systems bestehen aus einer Elektronenstrahlkanone, einer verfahrbaren Baukammer, einer Prozesskammer, die mit einem fortschrittlichen Pulverauftragssystem verbunden ist, sowie einer Pulveraufbereitungs- und Bauteileentnahmeeinheit.

Ergänzung durch zweite Baukammer

Um die Produktionskapazität der Anlage noch weiter zu erhöhen, kann die Anlage durch eine zweite Baukammer ergänzt werden. Während in der ersten Baukammer Schmelz- und Abkühlprozesse durchgeführt werden, können parallel dazu die Teile und das Pulver aus der zweiten Kammer entnommen und diese für den nächsten Schmelzvorgang vorbereitet werden.

Dr. Osmanlic erläutert:
"Um die Einschränkungen in puncto Bauteilgröße zu überwinden, haben wir das Kammerdesign bewusst um ein Vielfaches der bisher üblichen Abmessungen erweitert, ohne dabei die Prozessqualität zu beeinträchtigen."

So kann die hochpräzise Abzugseinheit ein bis zu 15 Tonnen schweres Pulverbett mit einer Genauigkeit von etwa 0,01 mm bei einer Gesamtbauhöhe von rund 1000 mm positionieren. Für den Auftrag des Basismaterials ist das Pulverauftragssystem in der Lage, Pulver mit geringer Fließfähigkeit zu verarbeiten.

In diesem Fall wird die Zufuhrplattform genau um die vom Bediener vorgegebene Höhe angehoben, um sicherzustellen, dass das dem Rechen zugeführte Pulver konstant bleibt. Damit die hohen Prozesstemperaturen beim Schmelzen die Pulververteilung nicht beeinflussen, ist das Auftragssystem wassergekühlt.

Dr. Osmanlic ergänzt:
"Es war uns wichtig, dass unser Pulverauftragssystem auch Pulver mit geringer Fließfähigkeit verarbeiten kann, um die Pulverausbeute zu erhöhen und damit Ressourcen zu schonen und den Kilopreis zu senken."

Hitzeschilde werden eingesetzt

Während der Rechen schichtweise neues Material aufträgt, schmilzt der Elektronenstrahl das Pulver selektiv entlang der definierten Bauteilkonturen auf, bis das Bauteil fertig ist und an die Entnahmeeinheit übergeben werden kann. Alle Kammerwände und Komponenten, die hohen Temperaturen ausgesetzt sind, sind mit Hitzeschilden ausgestattet, um den Energieverbrauch während des Schmelzvorgangs gering zu halten und Wärmeverluste zu vermeiden.

Darüber hinaus wurden alle Ventile, die Pulver und Metallstaub ausgesetzt sind, mit speziellen Schutzvorrichtungen ausgestattet, um eine zuverlässige Funktion unter diesen extremen Betriebsbedingungen zu gewährleisten.

Dr. Osmanlic fügt hinzu:
"Dieser Ventiltyp hat sich seit vielen Jahren in ähnlichen Anwendungen unter Produktionsbedingungen bewährt."

Um den Anforderungen der industriellen Serienproduktion gerecht zu werden, verfügt das System über einen hohen Automatisierungsgrad. Modernste Prozessüberwachung, Closed-Loop-Regelung, Datenaufzeichnung, Statusanzeige, Fehler- und Alarmmeldungen sowie Sicherheitsverriegelungen gewährleisten einen sicheren und effizienten Betrieb.

Schichtbilder erlauben Fehlererkennung

Hervorzuheben ist die Rückstreuelektronen-Bildgebung, die eine automatische Fehlererkennung durch kontrastreiche Schichtbilder sicherstellt und darüber hinaus die Erstellung eines digitalen Zwillings als 3D-Modell ermöglicht. Die gesamte Prozessvorbereitung, -steuerung und -überwachung kann über einen PC oder eine integrierte Schnittstelle erfolgen. Dabei werden alle relevanten Funktionen visualisiert. Das gesamte Bedienkonzept ist selbsterklärend und einfach zu bedienen. Zusätzlich ermöglichen mehrere lokale Bedienpanels, die im Betriebsbereich installiert sind, die Ausführung bestimmter Systemfunktionen vor Ort.

Dr. Osmanlic erklärt:
"Trotz des hohen Automatisierungsgrades legen wir Wert auf eine flexible Bedienung und Kontrolle dort, wo es notwendig ist."

Da der Einsatz von AM in der Metallverarbeitung aufgrund mangelnder Erfahrung mit dieser neuen Fertigungstechnologie eine riskante Entscheidung sein kann, wurde im ALD eigenen Technikum eine EBuild® 850 Anlage als

Technologiedemonstrator installiert. Interessenten können dort ihre Produkte, Werkstoffe und Prozesse vorab testen, um dann in enger Abstimmung mit dem Engineeringteam der ALD die Anlagenplanung durchzuführen. Ziel ist es, ein auf individuelle Anforderungen zugeschnittenes schlüsselfertiges System inklusive Prozess- und Produktionsunterstützung zu konzipieren und zu liefern.

Dr. Osmanlic fasst zusammen:
"Die Umstellung auf neue Technologien in der eigenen Produktion kann zu enttäuschenden Ergebnissen führen, wenn man nicht das volle Potenzial ausschöpft. Aus diesem Grund ist die EBuild® 850 keine Standardanlage, sondern speziell darauf ausgelegt, dem Nutzer die größtmögliche Gestaltungsfreiheit für seine Bauteile zu bieten und das zu produzieren, was benötigt wird, wenn es benötigt wird - ohne Angst vor explodierenden Energiekosten und hohen Materialverlusten."

 

(Quelle: ALD Vacuum Technologies) 

Schlagworte

Additive FertigungAnlagenAnlagenbauAnlagenplanungAutomatisierungBundEinsparungEnergieErgebnisEssenEUHildenIndustrieINGLegierungenMessungMetallpulverMetallverarbeitungProduktionQualitätsmanagementSchmelzeSchmelzenSteuerungTechnikTemperaturUnternehmenUSAWerkstoffWerkstoffeWirtschaft

Verwandte Artikel

Unterzeichnungszeremonie bei El Marakby Steel. Von links nach rechts: Mona El Marakby, Chief Supply Chain Officer El Marakby Steel; Hassan El Marakby, Chief Executive Officer (CEO) El Marakby Steel; Enea Pasquali, Key Account Manager SMS group; Said Abdalla, Chief Operations Officer (COO) El Marakby Steel; Seif El Borollossy, SIGMA Engineering
21.02.2025

SMS erhält Auftrag zur Modernisierung einer Minimill

El Marakby, einer der größten Hersteller von geripptem Stabstahl und Walzdraht in Ägypten, steigert mit der Minimill-Modernisierung durch SMS seine Produktionskapazität u...

Anlagen Betonstahl CO2 CO2-Emissionen Draht Emissionen Energie Ergebnis EU Industrie ING KI Messung Modernisierung Partnerschaft Produktion Schlacke Schmelze Schmelzen SMS SMS group Stabstahl Stahl Stahlindustrie Stahlwerk Tube USA Walzanlage Walzwerk Wettbewerb Wettbewerbsfähigkeit Zusammenarbeit
Mehr erfahren
Auf den IBU-Mitgliedertagen 2025 in Leipzig dreht sich alles um die Zukunft der blechumformenden Industrie
20.02.2025

IBU-Mitgliedertage 2025: Die Zukunft im Fokus

Auf den IBU-Mitgliedertagen 2025 in Leipzig dreht sich alles um die Zukunft der blechumformenden Industrie. Auf dem Programm stehen u. a. Werksbesichtigungen bei Porsche...

Automobil Blech BMW Entwicklung EU Industrie Industrieverband Blechumformung ING Innovation KI LED Museum Umformen Umformung Unternehmen Wirtschaft
Mehr erfahren
Kontrollraum der Beizlinie bei SSAB in Hämeenlinna
20.02.2025

KI unterstützt Identifikation von Beizfehlern

Primetals Technologies hat von SSAB das Endabnahmezertifikat (FAC) für die Installation digitaler Assistenzsysteme erhalten. Es wurden erstmals Lösungen für die Bundident...

Anlagen Automatisierung Automobil BSW Bund Digitalisierung Endabnahme Ergebnis EU Finnland HZ Industrie ING Kaltwalzanlage Kran Optimierung Partnerschaft Primetals Produktion Produktionsprozess Profile Rohre SSAB Stahl Stahlrohre Walzanlage Zertifikat
Mehr erfahren
EAF bei Swiss Steel
19.02.2025

Swiss Steel: Aktionäre heben Börsenregistrierung auf

Swiss Steel Holding AG gibt bekannt, dass ihre Aktionäre auf der außerordentlichen Generalversammlung dem Antrag des Verwaltungsrats auf freiwillige Dekotierung der Aktie...

Aktionäre Essen EU Generalversammlung Handel HZ ING Langstahl Messe Stahl Swiss Steel Group Swiss STeel Holding Wettbewerb
Mehr erfahren
Kardemir Karabük Demir Çelik Sanayi ve Ticaret A.Ş wird auf der neuen Fünfstrang-Kombigießanlage von SMS am Standort Karabük Vierkantknüppel in drei Formaten herstellen und eine Produktionsleistung von mehr als 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen
18.02.2025

SMS erhält Auftrag für Fünfstrang-Kombi-Gießanlage

Kardemir Karabük Demir Çelik Sanayi ve Ticaret A.Ş hat SMS Concast mit der Lieferung einer Fünfstrang-Kombi-Gießanlage beauftragt. Sie erweitert die Produktionskapazität...

Anlagen Antrieb Automation EU Industrie Innovation KI Lieferung Optimierung Partnerschaft Produktion Rohre Schienen SMS Concast SMS group Stahl Stahlindustrie Stahlwerk Steuerung Türkei Unternehmen USA Zusammenarbeit
Mehr erfahren