IBU und FVK erheben Einspruch: Voraussetzungen fehlen – keine Importwelle in Sicht – Stahlverarbeiter leiden
"Eine Verlängerung der Safeguards auf Stahl wäre nicht WTO-konform.“
Mit klaren Worten reagieren der Industrieverband Blechumformung (IBU) und die Fachvereinigung Kaltwalzwerke e. V. (FVK) auf den Vorstoß von zwölf europäischen Wirtschaftsministerien – darunter auch Deutschland –, die im Juni auslaufenden Schutzmaßnahmen fortzuführen. Die Verbände monieren beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fehlende Voraussetzungen: Eine Importwelle Richtung Europa ist nicht in Sicht und die Nachfrage weltweit höher als das Angebot. Verarbeitende Unternehmen leider unter Stahlmangel und Höchstpreisen.
„Warum sollen neue Einfuhrbeschränkungen initiiert werden, während hiesige Stahlverarbeiter händeringend um Material kämpfen?“, fragt IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs.
WTO-konforme Safeguards für den Stahlimport sollen zollbedingte Umlenkungen Richtung Europa verhindern. Die sind aber nirgendwo erkennbar: Rund um den Globus ist Stahl knapp. Entsprechend verwundert reagieren die Fachverbände auf Einschätzungen der Politiker, überschüssige Stahlbestände würden den europäischen Markt bedrohen.
„Der Welthandel ist auf niedrigstem Stand, schon wegen geringerer China-Exporte. Es gibt keine importbedingte ‚Bedrohung‘ der EU“, unterstreicht Martin Kunkel, Geschäftsführer der FVK.
In einem Schreiben widersprechen die Verbände daher dem Wirtschaftsministerium, das offensichtlich Voraussetzungen für eine Überprüfung und Verlängerung der Safeguards sieht.
Die Fachverbände fordern eine objektive Bestandsaufnahme der Stahlmarktsituation – in Deutschland, in der EU und weltweit. Und eine strikte Orientierung an rechtlichen WTO-Kriterien. Zugleich erwarten sie, „dass politische Entscheidungen die Interessen von Stahlproduzenten und verarbeitenden Unternehmen gleichberechtigt berücksichtigen“.
Eine Verlängerung der Safeguards würde nur die gute Marktposition der Stahlindustrie untermauern. Von der Pandemie hat sich die Nachfrage längst erholt. Laut Statistischem Bundesamt erreicht sie das Niveau von Januar 2020 – ein Toplevel der letzten drei Jahre. Und die Preise sind auf historischem Höhenflug.
Opfer sind die, die Stahl brauchen – oftmals mittelständische Zulieferer. Eine IBU-Umfrage belegt, dass ihre Mitglieder nicht nur unter den Kosten, sondern auch unter monatelangen Lieferzeiten, Verzögerungen und Mengenkürzungen leiden. Ihre eigene Lieferfähigkeit ist bereits gefährdet. Schutz- und neue Antidumping-Maßnahmen gegen Einfuhren aus der Türkei und Russland belasten die Versorgungslage zusätzlich und schwächen die Abnehmer.
IBU und FVK sind auf Basis der Faktenlage „sehr besorgt.“ Sie sehen den Versuch, EU-Herstellern Marktanteile zu sichern und die Safeguards – 2018 aufgrund der US-Stahlzölle eingeführt – umzudeuten. Ziel war ein temporärer Schutz, um der EU-Industrie eine Anpassung an geänderte Umstände zu ermöglichen. Nun könnte die Maßnahme zur dauerhaften aktiven Begrenzung von Importen mutieren.
Dazu Martin Kunkel: „Die politisch gewünschte Unterstützung der europäischen Stahlindustrie vergisst die Belange der stahlverarbeitenden Unternehmen. In Deutschland sind das rund 500.000 Arbeitsplätze – gegenüber rund 95.000 in der Stahlproduktion. Dagegen wehren wir uns.“
(Quelle: Industrieverband Blechumformung e.V. / Fachvereinigung Kaltwalzwerke e. V.)
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