News Stahlhandel
Der Industrieverband Blechumformung (Foto Geschäftsführer Bernhard Jacobs) ist wegen der Beschaffungsprobleme der Stahlverarbeiter alarmiert. Er befürchtet eine Gefährdung des wirtschaftlichen Erholungsprozesses vieler Zulieferer - Photo: : Industrieverband Blechumformung (IBU)
30.12.2020

Auf Pandemiekrise folgt Beschaffungskrise: Zulieferer und Automobilhersteller bekommen keinen Stahl

Engpass gefährdet wirtschaftlichen Erholungsprozess – Importbeschränkungen verhindern Beschaffungsalternativen

Stahl – vor allem Flachstahl – ist Mangelware. Knapp 90 Prozent der Zulieferer haben Beschaffungsprobleme. Das zeigen erste Ergebnisse einer Blitzumfrage des Industrieverbandes Blechumformung (IBU) vor Weihnachten. Ein Auslöser ist die unterschiedliche Entwicklung von Stahlangebot und -nachfrage. Hinzu kommt, dass Einfuhrbeschränkungen das Ausweichen auf Stahl aus Drittländern erschweren.

Der IBU ist alarmiert: „Dieser Versorgungsengpass gefährdet den Erholungsprozess bei Zulieferern und Automobilherstellern“, fürchtet Geschäftsführer Bernhard Jacobs. „Auf die Pandemiekrise folgt die Beschaffungskrise. Die Marktversorgung in Europa muss Vorrang haben vor Anti-Dumping-Maßnahmen und politisch motivierten Importbeschränkungen.“

Die Beschaffungsprobleme betreffen sowohl planmäßig bestellte Mengen als auch Mehrbedarfe. Laut Umfrage haben 86 Prozent der Unternehmen Versorgungsprobleme beim Stahleinkauf über Servicecenter. Auf Platz zwei folgt der Direktbezug bei Stahlherstellern. Wobei auch die Servicecenter naturgemäß vom Hersteller abhängen. Beide Bezugsquellen konfrontieren verarbeitende Unternehmen zurzeit mit Lieferzeiten bis weit ins neue Jahr. Manche bieten Jahresverträge gar nicht mehr an. Als Folge befürchten laut IBU-Erhebung über 70 Prozent der Mitglieder Produktionsunterbrechungen im ersten Quartal 2021. 96 Prozent sehen durch die dramatische Versorgungslage ihre Lieferfähigkeit bedroht.

„Teilweise müssen sie bereits jetzt Mengen reduzieren, weil das Vormaterial fehlt. Zusätzlicher Bedarf ist gar nicht oder nur unter größten Mühen zu decken“, unterstreicht Jacobs.

Parallel dazu erleben Einkäufer massive Preisaufschläge. Auch im Vertragsgeschäft ist die Rede von deutlichen Erhöhungen. Gut die Hälfte der Preiseverhandlungen ist bereits gelaufen.

„Das hat niemand kommen sehen: Am Ende eines Stahljahres, das lange unter dem Vorzeichen einer großen Krise stand, zeigen die Märkte eine fulminante Aufwärtsbewegung. Stahl- und Rohstoffpreise haben inzwischen nicht nur das Vor-Corona-Niveau übertroffen, sondern langjährige oder sogar historische Höchststände erreicht“, registriert auch Andreas Schneider von Stahlmarkt Consult.

Ein Grund: Das europäische Stahlangebot wächst langsamer als die Nachfrage. Dazu Andreas Schneider: „Kern der Entwicklung ist, dass die im Sommer vorherrschende Erwartung einer nur zögerlichen Erholung der Industrie und des Welthandels von der tatsächlichen Entwicklung überholt worden ist.“ Produzenten haben die Hochöfen nicht parallel zum Bedarfsanstieg hochgefahren.

Einfuhren aus Drittländern könnten dem Mangel entgegenwirken. Aber da wirken Barrieren – über 60 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass geltende EU-Importbeschränkungen das Versorgungsproblem verstärken. Als Folge erwarten Experten für 2020 die schwächsten Einfuhrzahlen seit 2015. Aktuell steht die EU kurz davor, neue Zölle gegen Stahleinfuhren aus der Türkei zu verhängen. Diese gewollte Abschottung schützt europäische Stahlproduzenten und belastet wiederum die Stahlverarbeiter, die auf das Vormaterial angewiesen sind.

Der IBU macht nun mit Nachdruck auf diese gravierenden Beschaffungsprobleme der Stahlverarbeiter aufmerksam. Und regt erneut an, Einfuhrbeschränkungen zu hinterfragen: „Unsere Mitglieder sehen gerade ein paar Lichtblicke. Wir können es uns jetzt nicht leisten, diesen Positivtrend durch einen Materialengpass zu gefährden.“

(Quelle: Industrieverband Blechumformung (IBU))

 

Schlagworte

IBU

Verwandte Artikel

Finanzvorständin Birgit Potrafki kommentiert die Kennzahlen legt den Fokus auf Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung
13.05.2025

Salzgitter AG mit solidem Ergebnis in Q1/2025

Für Q1/2025 verzeichnete die Salzgitter AG 78,6 Mio. € Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA). Prägend sind noch immer globale Unsicherheiten und die sc...

Bund Deutschland Edelstahl Entwicklung Ergebnis EU Fonds Handel IBU ING Innovation KI Sinter Stahl Stahlerzeugung Unternehmen Wirtschaft Zahlen
Mehr erfahren
Die Automatisierungssysteme und die neueste Netzwerktechnologie von SMS verbessern die Datenkommunikation, erhöhen die Steuerungsgeschwindigkeit und optimieren die Diagnosemöglichkeiten.
24.04.2025

AM/NS Calvert beauftragt SMS group mit Modernisierung

AM/NS Calvert hat SMS group mit der Modernisierung der Automatisierungssteuerung seiner Warmbandstraße in Calvert, Alabama, USA beauftragt. Die Inbetriebnahme erfolgt sch...

Anlagen Automation Automatisierung Automobil Bandstraße Digitalisierung Entwicklung EU Flachstahl IBU Inc. Industrie ING Modernisierung Produktion Sensoren Service SMS SMS group Software Stahl Steuerung USA Warmband Warmbandstraße Wettbewerb Zusammenarbeit
Mehr erfahren
Der Standort in Santa Teresa, New Mexico
02.04.2025

thyssenkrupp Materials Services expandiert in USA

thyssenkrupp Materials Services erweitert sein Portfolio an Metall-Service-Centern in Nordamerika mit einem neuen Werk in Santa Teresa, New Mexico, USA. Es wird sich auf...

Bund Distribution Energie Entwicklung EU HZ IBU ING KI LED Nordamerika Produktion Produktionsprozess Service Thyssenkrupp Materials Services Unternehmen USA Wirtschaft
Mehr erfahren
Primetals Technologies installiert bei Jindal Stainless in Indien ein neues AOD-Konverterstahlwerk und eine Stranggießanlage
27.03.2025

Jindal Stainless vergibt Endabnahmezertifkat

Der Edelstahlhersteller Jindal Stainless Ltd. (JSL) erteilte Primetals Technologies das Endabnahmezertifikat (FAC) für eine neue Edelstahl-Produktionslinie am Standort Ja...

Anlagen Anpassung Antrieb Automatisierung Betonstahl Blech Bleche Bramme Coils Draht Edelstahl Endabnahme Energie Entstaubung EU HZ IBU Indien ING Instandhaltung KI Konverter Ltd Ltd. Modernisierung Optimierung Pfannenofen Primetals Produktion Prozessautomatisierung Prozessgase Prozessoptimierung Prozesssteuerung Reduktionsmittel Stahl Stahlerzeugung Steuerung Unternehmen USA Zertifikat
Mehr erfahren
Dr. Jan Schmidt, Vorsitzender bauforumstahl e.V.
26.03.2025

bauforumstahl fordert Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit

Mit den Koalitionsverhandlungen der einer möglichen schwarz-roten Bundesregierung gibt es erste positive Signale, doch es braucht klare und verlässliche Maßnahmen, um die...

Bauindustrie Baustoffe Bund Deutschland Energie EU Finanzierung Handel HZ IBU Industrie ING Innovation Investition Klima Klimaziel Klimaziele Modernisierung Nachhaltigkeit Politik Produktion Produktionsprozess Schienen Stahl Stahlbau Stahlindustrie Stahlproduktion Strategie TEMA Transformation Unternehmen Wasserstoff Wasserstofftechnologie Wettbewerb Wettbewerbsfähigkeit Wirtschaft Wirtschaftsstandort
Mehr erfahren