Wirtschaft
Die Wirtschaftsverbände sehen Sicherheiten beim Außenhandel bedroht. - Foto: Pexels
22.01.2024

Verbände kritisieren EU-Lieferkettenrichtlinie

In einem gemeinsamen Schreiben an die Bundesregierung, die EU-Ratspräsidentschaft sowie weitere europäische Entscheidungsträger fordern die Wirtschaftsorganisationen BGA, Gesamtmetall, Mittelstandsverbund - ZGV, Stiftung Familienunternehmen und Politik, textil+mode, VCI, VDMA und ZVEI, die europäische Lieferkettenrichtlinie zu stoppen. In Kürze steht die Abstimmung der Botschafter im Ausschuss der Ständigen Vertreter und danach das Votum des Rates der EU-Mitgliedstaaten an.

Die Verbände warnen:
„Schon die Vorgaben durch das deutsche Lieferkettengesetz haben dazu geführt, dass auch kleine und mittlere Unternehmen innerhalb ihrer Lieferbeziehungen von den Belastungen völlig überrollt werden. Eine EU-Lieferkettenrichtlinie, wie nun geplant, hätte bürokratische Überlastungen und Rechtsunsicherheit in einer neuen Dimension zur Folge.“

Die Richtlinie erschwere den Außenhandel und gehe zu Lasten europäischer Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Dies gelte insbesondere mit Blick auf drei Aspekte der Richtlinie:

  • Unternehmen sollen demnach fast alle Stufen ihrer Lieferketten global auf Verstöße gegen Menschenrechte sowie Umwelt- oder Sozialstandards kontrollieren. Gerade Industriefirmen haben häufig jeweils Zehntausende oder sogar eine sechsstellige Zahl von Zulieferern, von denen jährlich ein beträchtlicher Anteil wechselt. Die Kosten allein zur Befolgung der Vorgaben würden für einzelne Unternehmen nicht selten Millionensummen erreichen.
  • Die Richtlinie macht keine klaren Ausnahmen – nicht einmal für die Lieferbeziehungen innerhalb des ohnehin schon stark regulierten EU-Binnenmarkts. Eine explizite Ausnahme aller im EU-Binnenmarkt ansässiger Zulieferer und Kunden wäre – als Gebot eines risikobasierten Ansatzes – aber dringend geboten.
  • Nicht nur Lieferanten und deren Lieferanten sollen laut den EU-Plänen kontrolliert werden, sondern auch Geschäftskunden. Es ist jedoch eine völlig realitätsfremde Annahme, dass mittelständische Betriebe ihren Geschäftskunden Vorschriften machen könnten, wie und wo die verkauften Produkte letztendlich zum Einsatz kommen.

Deutliche Kritik üben die Verbände auch an der vorgesehenen zivilrechtlichen Haftung. Im Appell heißt es:
„Es ist schlicht praxisfremd zu verlangen, dass Unternehmen aus den EU-Mitgliedstaaten für Pflichtverletzungen haften sollen, die in ihren Lieferketten geschehen – und dies noch weltweit.“

Während Nichtregierungsorganisationen von eigenen Klagebefugnissen profitieren sollen, können auf Unternehmen zusätzliche Beweisanforderungen zukommen.

Die Verbände warnen:
„Auf diese Weise können die oft unkalkulierbaren Haftungsrisiken dazu führen, dass sich Unternehmen aus betroffenen Regionen zurückziehen.“

Es würde eine neue Klageindustrie entstehen, die zu mehr administrativen Kosten in den Unternehmen führt. Die Unsicherheit im Außenhandel nähme zu. Dabei ist die Wahrung der Menschenrechte rund um den Globus ein Ziel, dem sich auch die Unternehmen eindeutig verschreiben.

Die Verbände  betonen:
„Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sind für europäische Unternehmen maßgebend. Daran orientieren sie schon heute ihre globalen Lieferbeziehungen und tragen europäische Standards über ihre internationalen Partner in die Welt. Der ökonomische Substanzverlust in der EU würde sich durch eine solche Lieferkettenrichtlinie weiter verschärfen.“

Europäische Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen, würde sich in der Praxis als kontraproduktiv erweisen:

Die Wirtschaftsorganisationen resümieren:
„Lassen Sie uns anstatt des Weges über die Richtlinie gemeinsam einen neuen Anlauf nehmen und im Dialog miteinander überlegen, auf welche Weise wir unsere Standards beim Schutz von Menschenrechten und Umwelt über die globalen Lieferketten weltweit noch effektiver durchsetzen können.“

(Quelle: VDMA)