Unter dem Strich weist thyssenkrupp für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Jahresfehlbetrag von 2,0 Mrd € aus (Vorjahr: Jahresüberschuss von 1,2 Mrd €). Dies ist zum einen auf die im Wesentlichen marktbedingt rückläufige operative Entwicklung zurückzuführen.
Zum anderen sind Wertberichtigungen enthalten, die vornehmlich bei Steel Europe in Höhe von 2,1 Mrd € auf das Anlagevermögen vorgenommen werden mussten. Diese resultieren aus höheren Kapitalkosten sowie aus den Implikationen der zunehmend eingetrübten kurz-, mittel- und langfristigen Ertragserwartungen vor dem Hintergrund der konjunkturellen Lage und der stahlindustriespezifischen Strukturänderungen.
Steel Europe treibt grüne Transformation voran und prüft Energiepartnerschaft
Steel Europe hat sich erfolgreich auf den Weg in eine klimaneutrale Zukunft gemacht: Mit der Übergabe des rechtskräftigen Bescheids für die beantragten Fördermittel für das Projekt „tkH2Steel“ in Höhe von rund 2 Mrd € hat das Segment Ende Juli einen entscheidenden Meilenstein auf dem Weg zu einer klimaneutralen Stahlproduktion erreicht.
Bereits vor Erhalt des Förderbescheids hat Steel Europe das Engineering, die Lieferung und den Bau der ersten wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage am Standort Duisburg in Auftrag gegeben. Damit startet eines der weltweit größten industriellen Dekarbonisierungsprojekte, mit dem zukünftig über 3,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden können.
Zugleich ist dies ein erster wesentlicher Schritt für die Produktion klimaneutralen Stahls in Deutschland und damit für die Sicherung industrieller Wertschöpfungsketten in der stahlverarbeitenden Industrie in Deutschland.
Mit dem Bau der Direktreduktionsanlage festigt Steel Europe seine Positionierung als Technologieführer für die nachhaltige Stahlproduktion. Allerdings ist der Erfolg der CO2-neutralen Stahlproduktion im Wesentlichen abhängig von der sicheren Versorgung mit großen Mengen grüner Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen.
Aus diesem Grund steht thyssenkrupp im Austausch mit möglichen strategischen Partnern aus dem Bereich der Energiewirtschaft. thyssenkrupp führt konstruktive und ergebnisoffene Gespräche mit dem Energieunternehmen EPH über ein potenzielles Joint Venture mit Steel Europe, das EPH mit seiner Energieexpertise unterstützen könnte.
Die konkrete Ausgestaltung eines potenziellen Joint Ventures ist Gegenstand laufender Verhandlungen.
Neuordnung des Portfolios und Ausrichtung auf Zukunftsthemen
thyssenkrupp hat mit der im vierten Quartal des abgelaufenen Geschäftsjahres beschlossenen und zum 1. Oktober umgesetzten Neuaufstellung seine strategische Transformation vorangetrieben und seine Geschäfte weiter auf Zukunftsthemen ausgerichtet.
Mit der Neuausrichtung auf Technologien für die grüne Transformation leistet der Konzern wichtige Beiträge zum Erreichen der Klimaziele und sieht große Chancen, mit seinen weltweit führenden Technologien von den mit der grünen Transformation verbundenen wirtschaftlichen Opportunitäten zu profitieren.
Um seinen Schlüsseltechnologien für die Dekarbonisierung der Industrie volle Sichtbarkeit zu verschaffen, hat der Konzern mit Beginn des Geschäftsjahres 2023/2024 seine Geschäfte mit innovativen Technologien für die grüne Transformation im Segment Decarbon Technologies gebündelt.
Teil des neuen Segments sind Rothe Erde (bis zum 30. September Bearings), Uhde, Polysius und thyssenkrupp nucera. Die rund 15.000 Mitarbeitenden des Segments haben im Geschäftsjahr 2022/2023 einen Pro-forma-Umsatz von 3,4 Mrd € erwirtschaftet.
Mittelfristiges Ziel ist, diesen Wert auf über 5,0 Mrd € pro Jahr zu steigern. Teil des neuen Segments ist die Wasserstofftochter thyssenkrupp nucera, die thyssenkrupp trotz des anspruchsvollen Kapitalmarktumfelds im Juli 2023 erfolgreich an die Börse gebracht hat. Damit hat das Elektrolysegeschäft ausreichend finanziellen Spielraum für weiteres Wachstum erhalten.
Die Zahlen im Detail
thyssenkrupp hat sich im Geschäftsjahr 2022/2023 in einem zunehmend anspruchsvollen Umfeld robust behauptet und seine gesteckten Ziele für die zentralen Finanzkennzahlen Bereinigtes EBIT und Free Cashflow vor M&A erreicht. Der Auftragseingang lag bei 37,1 Mrd € nach 44,3 Mrd € im Vorjahr.
Neben im Wesentlichen transaktionsbedingten Rückgängen bei Multi Tracks ist dies vor allem auf die stark gesunkenen Werkstoffpreise bei Materials Services und einen im Vorjahr gebuchten Großauftrag bei Marine Systems zurückzuführen.
Der Umsatz betrug 37,5 Mrd € (Vorjahr: 41,1 Mrd €). Hier konnte der Umsatzanstieg bei Automotive Technology die durch die gesunkenen Material- bzw. Spotmarktpreise niedrigeren Umsätze bei Materials Services und Steel Europe nicht ausgleichen. Hinzu kamen auch hier transaktionsbedingt rückläufige Umsätze bei Multi Tracks.
Das Bereinigte EBIT lag bei 703 Mio € (Vorjahr: 2.062 Mio €). Hier haben sich der mit dem Rückgang der Materialpreise einhergehende Margendruck bei Materials Services und die zusätzlich hohen Rohstoff- und Energiekosten sowie niedrigere Erlöse bei Steel Europe bemerkbar gemacht.
Ergebnisverbesserungen bei Automotive Technology, Marine Systems und Multi Tracks konnten diese Entwicklung nur zum Teil kompensieren. Der Free Cashflow vor M&A hat sich im Vergleich zum Vorjahr (-476 Mio €) stark verbessert und liegt mit 363 Mio € im positiven Bereich.
Vorstand und Aufsichtsrat werden der Hauptversammlung am 2. Februar 2024 vorschlagen, für das Geschäftsjahr 2022/2023 eine Dividende in Höhe von 0,15 € je Stückaktie auszuschütten. Damit stellt thyssenkrupp nach der Ausschüttung im vergangenen Jahr Dividendenkontinuität sicher. Der Vorschlag trägt vor allem dem deutlich verbesserten Free Cashflow vor M&A Rechnung.
Miguel López, Vorstandsvorsitzender der thyssenkrupp AG, sagt:
„Die Zahlen zeigen, dass wir bei der Transformation von thyssenkrupp trotz des schwierigen Umfelds vorangekommen sind, aber weiter hart an der Verbesserung der Performance unserer Geschäfte arbeiten müssen. Deshalb haben wir unser Programm ‚APEX‘ gestartet, um die Leistungsfähigkeit unserer Geschäfte beschleunigt zu steigern.
Parallel richten wir sie konsequent auf Zukunftsthemen aus, um unser volles Potenzial auszuschöpfen – insbesondere bei den immensen Chancen, die die Dekarbonisierung der Industrie uns bietet. Wir machen thyssenkrupp zum Wegbereiter der grünen Transformation und leisten damit weltweit einen Beitrag zur Transformation vieler Industrien.
Zugleich wollen wir klimaneutralem Stahl eine Zukunft in Deutschland geben und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Resilienz und Souveränität industrieller Wertschöpfungsketten in Deutschland und Europa.“
(Quelle: thyssenkrupp)