Preissteigerungen wirken sich meist nur langfristig auf den Energieverbrauch aus
Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben gemeinsam mit britischen Ökonomen untersucht, wie sich der Energieverbrauch der Schweizer Industrie in Abhängigkeit von den Energiepreisen entwickelt. Dazu betrachteten sie insbesondere die Preise und den Verbrauch sowohl von Elektrizität als auch von Erdgas der vergangenen Dekaden. Ein Resultat: Preissteigerungen bei der Energie wirken sich meist nur langfristig auf den Energieverbrauch aus.
Die Reaktion erfolgt nach etwa fünf Jahren
Ein Ergebnis der rückblickenden Analyse ergab, dass sich Preissteigerungen kaum kurzfristig auf den Verbrauch von Gas und Elektrizität auswirken. Erst längerfristig, nach etwa fünf Jahren, konnten die Forschenden eine Reduktion des Energiebedarfs feststellen. Das lässt sich, laut der Studie, u.a. darauf zurückführen, dass es nach einem Preissignal in den meisten Fällen Zeit braucht, um Produktionsabläufe und Verfahren anzupassen oder in energieeffizientere Ausstattung zu investieren.
Dabei unterscheiden sich einzelne Branchen deutlich voneinander. So reagiert die Eisen- und Stahlindustrie, von der immerhin 6 % des Energieverbrauchs der Schweizer Industrie ausgeht, am wenigsten auf Teuerungen. Bei einem Preisanstieg von 1 % verringerte sich dort der Energieverbrauch lediglich um 0,14 %. Im Gegensatz dazu senkten Branchen wie die Nichtmetallischen Mineralien sowie die Papier- und Zellstoffindustrie ihren Energieverbrauch deutlicher infolge von Preissteigerungen. 1 % höhere Preise zogen hier einen um 0,7 % niedrigeren Energieverbrauch nach sich.
Um langfristige Entwicklungen des Energieverbrauchs der Industrie in Zukunft untersuchen zu können, entwarfen die Forschenden Szenarien, die sie mit Computermodellen berechneten. Das Szenario mit der Bezeichnung E-POL orientiert sich vor allem an der Energiestrategie 2050 der Schweiz. Das sogenannte CLI-Szenario basiert dagegen wesentlich auf der Klimastrategie der Schweiz, mit dem Netto-Null-Ziel für Treibhausgasemissionen zur Mitte dieses Jahrhunderts.
Stromanwendungen als Schlüssel zur Treibhausgasminderung
Sowohl im E-POL- als auch im CLI-Szenario gehen die CO2-Emissionen bis 2050 kontinuierlich zurück, wobei alle Industriebranchen zur Emissionsminderung durch vermehrte Stromanwendungen und den Ersatz beziehungsweise Einsparungen von Erdgas, Mineralölen und Kohle beitragen. Trotz der Anstrengungen zur CO2-Minderung wird sich der Anteil des Industriesektors an den Gesamtemissionen der Schweiz erhöhen, da die Reduktion in anderen Sektoren aufgrund von verstärkten Klimaschutzanstrengungen noch größer ausfällt. Insgesamt gehen die Forschenden von einer langfristigen Zunahme der Kosten für die Energienutzung aus und damit von einem Anstieg der Preise für ausgewählte Energieträger.
So stellten die Forschenden u.a. einen besonderen Effekt bei der Entwicklung des Endenergieverbrauchs fest. Der Bedarf an Strom bleibt weitestgehend stabil oder wächst sogar. Dadurch steigt der Anteil der Elektrizität am gesamten Endverbrauch in allen drei Szenarien von etwa 24 % im Jahr 2015 auf 28 bis 35 % im Jahr 2030 und 32 bis 62 % im Jahr 2050. In absoluten Zahlen bleibt die Stromnachfrage in E-POL ungefähr auf dem Niveau von 2015, während sie im CLI-Szenario bis 2050 um fast 40 % steigt.
"In diesem Zusammenhang ist es enorm wichtig, wie der Strom produziert wird", betont Kober. "Für eine wirksame Reduktion der Treibhausgasemissionen ist deshalb der rechtzeitige Ausbau erneuerbarer Energie notwendig." Insgesamt ergibt sich daraus die Empfehlung, eine effiziente Stromnutzung in der Industrie zu fördern und gleichzeitig Anreize für den Ersatz fossiler Brennstoffe durch strombasierte Technologien beizubehalten.
Paul Scherrer Institut/Sebastian Jutzi
Schlagworte
CO2-EmissionenEnergieForschung