Deutsche Exporte nach China haben sich in jüngster Zeit deutlich schwächer entwickelt, als es angesichts des chinesischen Wirtschaftswachstums zu erwarten gewesen wäre. Auch der Anteil Chinas an den deutschen Gesamtexporten hat nach einem vorübergehenden Anstieg zuletzt wieder zu sinken begonnen, obwohl die chinesische Wirtschaft weiter wächst.
Das ergeben am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) ausgewertete Handelsdaten. Die Zahlen sprechen zum einen dafür, dass deutsche Firmen zunehmend in China produzieren. Zum zweiten stellt Chinas Wirtschaft offenbar vermehrt Kapitalgüter selbst her, die es früher oft aus Deutschland importierte.
Seit 2002 waren die deutschen Exporte nach China stark gestiegen, sinken aber nun mengenmäßig seit einigen Jahren und entwickeln sich in jüngster Zeit auch deutlich schwächer, als es zu erwarten wäre. Bereinigt um Preiseffekte, auch als ‚reale‘ Entwicklung bezeichnet, sanken die Exporte nach China von 2018 bis 2022 um 7,5 Prozent. Dieser Trend scheint sich im ersten Halbjahr 2023 fortzusetzen, wie Berechnungen des Handelsforschers Vincent Stamer vom IfW Kiel zeigen.
Während 2020 noch 7,9 Prozent der deutschen Exportwaren nach China versandt wurden, ist dieser Anteil im ersten Halbjahr dieses Jahres auf 6,2 Prozent gesunken. Dagegen waren in den Jahren von 2002 bis 2018 die preisbereinigten Exporte nach China um das Vierfache gestiegen.
Stamer sagt:
„Der Rückgang ist in diesem Umfang überraschend, denn der deutsche Handel mit China hängt in der Regel eng mit der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung beider Länder zusammen, und China wächst ja weiterhin. Der China-Export verliert damit an Bedeutung als Wachstumstreiber für die deutsche Wirtschaft. Das ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über Abhängigkeiten oder den künftigen wirtschaftspolitischen Umgang mit China relevant.“
Deutsche Exporte nach China deutlich unter erwartbaren Werten
Preisbereinigt ist die deutsche Wirtschaft im Jahr 2022 um knapp zwei, die chinesische Wirtschaft um drei Prozent gewachsen. Bei diesen Wachstumsraten hätte Deutschland 2022 eigentlich ein um knapp ein Drittel oder 30 Mrd. Euro höheres Exportvolumen nach China aufweisen müssen, wenn man langjährige Wirtschaftsdaten zum Vergleich heranzieht. Dies wird hier als Exportlücke bezeichnet. Die Studie nutzt für den Vergleich Daten von 1995 bis 2020.
Stamer erklärt:
„Ein Erklärungsansatz für die in dieser Größenordnung einmalige Exportlücke besteht in der zunehmenden Produktion deutscher Unternehmen in China.“
Ein Beleg dafür ist der sprunghafte Anstieg von Einkommen deutscher Firmen und Arbeitnehmer vor Ort in China, die diese nach Deutschland zurücküberweisen. Auch die in China von deutschen Firmen reinvestierten Gewinne sind deutlich gestiegen. Diese Anstiege fallen in den gleichen Zeitraum wie das Entstehen der Exportlücke.
China produziert mehr im eigenen Land
Gleichzeitig produziert China immer mehr Waren selbst, statt sie zu importieren. Das Verhältnis der Importe zu Chinas Wirtschaftsleistung (BIP) fiel von 29 Prozent im Jahr 2003 um etwa die Hälfte auf inzwischen nur noch 15 Prozent.
Stamer betont:
„Maßgeblich für diese Entwicklung dürfte unter anderem der technische Fortschritt in China sein.“
In der Verteilung der von China importierten Güter fällt auf, dass ab 2015 der Import von Zwischengütern deutlich zunimmt. Mit 1,5 Billionen US-Dollar im Jahr 2022 machen Vorleistungen mittlerweile mehr als die Hälfte aller chinesischen Importe aus. Im Gegensatz dazu sind Einfuhren von Kapitalgütern, zu denen die für Deutschland wichtigen Maschinen und Anlagen gehören, seit 2013 sogar nominal gefallen.
Stamer führt aus:
„China hat damit begonnen, Kapitalgüter im großen Stil selbst herzustellen.“
Importe aus Deutschland seien entsprechend weniger gefragt.
Kein Wachstumsimpuls mehr aus deutschen China-Exporten
Immerhin konnte Deutschland der Analyse zufolge den Wert seiner Kapitalgüterexporte nach China verteidigen, obwohl China allgemein weniger Kapitalgüter importiert. Auch lag der Anteil Deutschlands an den chinesischen Importen lange erstaunlich konstant bei 5 Prozent, während die Anteile der entwickelten Staaten Ostasiens und der USA deutlich sanken. Allerdings sank im Zeitraum von 2020 bis 2022 nun auch Deutschlands Anteil an Chinas Wareneinfuhren um einen Prozentpunkt.
Stamer sagt:
„Von den Kapitalgüterexporten nach China geht für Deutschland kein Wachstumsimpuls mehr aus. Deutschlands komparativer Vorteil in der Produktion von Maschinen entspricht nicht mehr dem Bedarf Chinas, daher liegen zukünftige Wachstumsmärkte für deutsche Exportfirmen eher in Südostasien und Indien.“
(Quelle: Kiel Institut für Weltwirtschaft)
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